Geschichte Woche 25
Nach Johannes 4, 45-54
Heute ist wieder eine neue Geschichte dran, wobei, wenn ich es recht bedenke, hatten wir ein ähnliches Ereignis schon vor einiger Zeit. Mal sehen, ob du dich noch daran erinnern kann, wenn ich es dir gleich erzähle.
Also, wir waren mal wieder in Kana angekommen.Vielleicht erinnerst du dich, das war der Ort, wo Jesus auf einer Hochzeit das Wasser hat zu Wein werden lassen, nach dem auf der Party der Wein alle war. Nun, heute ging es nicht um eine Hochzeit. Nein, Jesus wollte auch hier erzählen, wer er war. Die Menschen des Landes Galiläa, in dem Kana liegt, nahmen uns auch sehr freundlich auf. Schließlich hatten sie auch schon viel von Jesus gehört. Aber mit der Zeit erkannte ich, dass es diesen Menschen nur um die Wunder ging, die Jesus vollbrachte. Sie hatten nicht wirklich verstanden, dass er der verheißene Messias war. Ihnen war nur wichtig, auch ein solches Wunder zu erleben. Jesus als Person war ihnen nicht so wichtig. Ich merkte, dass es dem Herrn Jesus zu Herzen ging. Es machte ihn sicher traurig, nur wegen seiner Wundertaten geachtet und zuvorkommend behandelt zu werden. Die Ehre sollte Gott, seinem Vater gebühren, aber daran dachten die Menschen nicht.
Wir waren innerhalb der Stadt unterwegs, da kam ein Mann auf uns zu. Seine Haare waren ganz zerzaust. Ob das der Wind veranstaltet hatte oder doch eher die Sorge, die ihn zu drücken schien, ließ sich nicht eindeutig feststellen. Ich nahm letzteres an. Seine Stirn lag in Sorgenfalten und die Augen wirkten übermüdet und schlapp, als könnten sie keinen Augenblick länger aufbleiben.
Der Körper des Mannes war von edlen Gewändern bedeckt. Ich legte den Kopf zur Seite und musterte den Mann von Kopf bis Fuß. Es schien, als wäre er am Hof des Königs beschäftigt. Sonst gäbe es keinen anderen Grund, solche Kleidung zu tragen. Es sei denn, er wäre der König höchstpersönlich, aber das konnte ich ausschließen. So edel die Kleidung auch der Sonne entgegen strahlte, die tiefen Falten von langem Sitzen ließen sich einfach nicht verbergen. Was machte nun aber so ein vornehmer Mann hier bei Jesus? Gut, auch sie waren neugierig und wollten Jesus sehen, diese reichen Leute. Aber dieser hier schien wirklich etwas auf dem Herzen zu haben.
Völlig außer Atem kam er bei Jesus an. Seine Schuhe verrieten, das er schon eine anze Weil unterwegs gewesen sein musste, denn sie waren voller Staub. Der ehemals schöne Farbton schimmerte nur noch an wenigen Stellen ganz leicht hervor.
„Jesus“, begann der Mann nach Luft ringend, „Jesus, bitte, komm mit mir. Mein Sohn…“
Der Mann stockte kurz, schluckte kräftig und nahm einen tiefen Atemzug, um fortfahren zu können:
„Mein Sohn liegt in Kana. Er ist so krank. Jesus, wenn du nicht kommst, dann wird er gewiss sterben. Aber er ist doch noch so jung und ich habe ihn sehr lieb. Bitte, komm mit mir und rette ihn.“
Die Hände vor der Brust zusammen geschlagen schaute der königliche Beamte Jesus flehend an. Fehlte nur noch, dass er einen Hundeblick aufsetzte, damit Jesus auch wirklich mitkam, dachte ich so bei mir. Sofort verwarf ich aber den Gedanken, denn dieser Mann hoffte wirklich, dass Jesus das tat, was er schon so oft gemacht hatte: Heilen. Heilen von Krankheit und Tod. Welch ein Vater würde nicht zu Jesus eilen, wenn er wüsste, da gibt es jemanden, der schon so oft bewiesen hat, dass er gesund machen kann?
Ich wartete und sah, wie sich Jesus Gesicht ein wenig verdunkelte. Er schien sich über etwas zu ärgern. Aber was war es nur? Jesus, nun spann mich doch nicht so auf die Folter. Was passt dir nicht? Ungeduldig versuchte ich, Jesus zu einer Antwort anzutreiben. Hätte ich mir ja denken können, dass es nicht klappte. Jesus hatte seinen eigenen Zeitplan. Na gut, musste ich halt warten. Gerade wollte ich meinen Kopf auf meine Arme stützen, da öffnete Jesus den Mund und antwortete dem Mann:
„Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder sehr, glaubt ihr nicht.“
Nanu? Was war denn das für eine Aussage? Meinte er etwa, dieser Mann wolle nur ein Wunder erleben und glaubte gar nicht, dass er den Messias, den Sohn Gottes um Hilfe bat? Ich grübelte ein wenig über diesem Gedanken, während der königliche Beamte weiter bat:
„Jesus, bitte, komm mit mir hinab.“
Hm. Er schien zu glauben, dass Jesus heilen konnte. Nur, war ihm wirklich bewusst, wer hier vor ihm stand? Das dies nicht irgendein Wunderheiler war, sondern der einzige, der nicht nur den Körper, nein, auch das Herz gesund und rein machen konnte? Mein Blick wanderte wieder zu Jesus hinüber. Würde er ihm trotzdem helfen? Bisher hatte er doch noch keinen abgelehnt, der zu ihm geeilt war. Ich konnte sehen, wie das Mitleid mit dem Mann und dem kranken Kind in sein Gesicht trat. Ach, der Herr Jesus war in allem gütig und barmherzig. Stolz, ein Begleiter dieses machtvollen und wunderbaren Mannes zu sein, reckte ich meinen Körper in die Höhe und sah auf den königlichen Beamten hinab wie ein Bodyguard, der mit allen Mitteln versuchte, seinen Chef zu schützen.
Jesus antwortete dem Mann:
„Geh hin! Dein Sohn lebt!“
Der Mann machte vielleicht große Augen, als er die Worte endlich begriff. Er raffte seine Kleidung zusammen, nickte Jesus schnell zu und drehte sich dann auf dem Absatz um. So schnell er konnte, wollte er nun nach Hause. Und Jesus hatte ihm ja auch gesagt, dass er gehen solle. Aber, guter Mann, warten sie doch einen Moment. Ich will mit….Halt.... Stop…. Hastig rappelte ich mich auf und holte gut aus für einen besonders weiten Sprung. Ob ich das wirklich schaffte? Ich nahm all meinen Mut zusammen und tat den weitesten Satz meines Lebens. Ja, wirklich. SO weit war ich noch nie gesprungen und das beste war: Ich landete sicher und wohlbehalten auf der Schulter dieses Mannes, der ein Beamter des Königs war.
Nun, ich gebe zu, mein Fortbewegungsmittel war nicht das aller bequemste, schließlich hüpfte ich durch die schnellen Schritte des Mannes auf und ab wie ein kleiner Gummiball. Durchgerüttelt und durchgeschüttelt kamen wir schließlich in Kapernaum an, wo sich sein Haus befand. Es war mittlerweile schon dunkel geworden. Hier lag also der kleine kranke Junge.
Noch ein wenig benommen von der holperigen Spritztour auf meinem edlen Tarnsportmittel, krallte ich mich am Gewand fest. Das Haus dieses Mannes wies jeglichen Komfort auf, den es damals nur gab. Klar, war durch seine Arbeit kein armer Mensch und konnte sich dadurch so einiges leisten, aber die Gesundheit ließ sich nun mal mit Geld nicht kaufen. Da brauchte es Jesus und seinen himmlischen Vater zu.
Nach Luft ringend stieß der Mann die Haustür auf. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre aus den Angeln gefallen vor Wucht. Da kamen ihm auch schon seine Diener entgegen. Einer nahm ihm das Obergewand ab, ein anderer zog ihm Schuhe aus und ein weiterer wusch die staubigen Füße des Mannes. So sehr der Mann auch protestierte, sie taten ihre Arbeit. Aber der Beamte wollte einfach nur zu seinem Kind. Schnell berichteten ihm die Knechte, was in seiner Abwesenheit geschehen war.
„Herr, dein Sohn lebt.“, teilte einer freudestrahlend mit, der so etwas wie ein Butler zu sein schien.
Der Beamte hob seinen Kopf und beendete jegliche Versuche, sich gegen die Aufmerksamkeiten seiner Knechte zu wehren, die ja einfach nur ihre Arbeit machten. Erstaunt fragte er:
„Wann ist das geschehen, dass es ihm besser ging? Wie viel Uhr war es?“
Verwundert über diese Frage ihres Herrn hielten die Knechte kurz in ihrer Arbeit inne und sahen sich fragend an, bis schließlich der Butler antwortete:
„Es geschah ungefähr zur Mittagszeit. In der siebten Stunde senkte sich das Fieber.“
Du musst wissen, die siebte Stunde war ungefähr 13 Uhr. Also kurz nach dem Mittagessen. Und weißt du, was genau zu diesem Zeitpunkt los war? Genau zur siebten Stunde hatte Jesus gesagt, dass der Mann nach Hause gehen sollte, weil sein Sohn lebt.
Sicher kannst du dir vorstellen, wie sehr dieser königliche Beamte nun staunte über die Macht und die Kraft Jesu. Und weißt du, er begriff in diesem Moment, dass Jesus nicht nur ein Wunderheiler war, sondern Gottes Sohn. Niemand anderes hätte solch ein Wunder vollbringen können. Und dieses Wissen teilte er allen im Haus mit. Natürlich, nachdem er überglücklich seinen Sohn in die Arme geschlossen hatte. Aufgrund dieses Ereignisses kamen alle, die in dem Haus dieses königlichen Beamten lebten, zum Glauben.