Geschichte Woche 14
Nach Matthäus 8,1-4
Hallo zurück. Ich hoffe, du bist bereit für die nächste Geschichte, die ich dir zu erzählen habe. Ich sage dir, diese Sache heute schlug eine wie eine Bombe. Danach begann ein wahnsinniger Menschenauflauf. Aber immer schön der Reihe nach.
Ich hatte dir ja erzählt, dass Jesus in Kapernaum eigentlich mit seinem Dienst auf dieser Welt begann. Aber er blieb nicht dort, sondern ging mit seinen Jüngern auch in andere Orte. Unter anderem versammelte er auf einem Berg eine riesige Volksmenge, die sich zu seinen Füßen setzte und seinen Worten lauschte. Das waren vielleicht viele Worte, aber sie waren bedeutend und überaus wichtig. Diese Predigt, die er dort hielt, wurde auch Bergpredigt genannt. Passend, oder?
Nachdem er nun diese Reden gehalten hatte, erhob sich Jesus und machte sich auf den Weg hinunter. Ich kann dir sagen, mir schwirrte noch immer der Kopf von den ganzen Geboten, Erinnerungen und Ermutigungen. So viel hatte ich zu verarbeiten, aber das konnte ich vergessen. Da saß ich nun auf Jesus Schulter, mit klingelnden Gehirnwindungen und wollte eigentlich nur ein bisschen Ruhe haben, aber das sahen die Menschen, die zuvor zugehört hatten, wohl ganz anders. Statt nach Hause zu gehen, folgten sie Jesus den ganzen Weg hinab und schnatterten in einer Tour. Es klang wie ein riesiger, surrender Bienenstock, der uns verfolgte und nur darauf wartete, eine neue Blume zu entdecken.
Mit müden Augen stützte ich meine Arme auf meine Knie und hielt mir verzweifelt die Ohren und Augen zu. Irgendwie musste diese Geräuschkulisse doch abzuschalten sein? Hätte ich gewusst, wie, dann hätte ich vermutlich gelacht, denn mit einem Mal bekam ich mit, dass es wirklich leiser um uns wurde. Vorsichtig schob ich meine Finger vor den Augen auseinander und versuchte zu ergründen, was der Grund war. Als ich es erkannte, riss ich meine Augen vor Entsetzen auf und warf meine Arme wieder an meinem Körper herunter. Meine Finger krallten sich in Obergewand fest vor Schreck und ich dachte: Jesus, das ist gefährlich. Pass jetzt bloß auf.
Vor uns stand ein Mann mit kaputtem Gewand. Sein Gesicht war halb verhüllt und trotzdem war aus seinen Augen Traurigkeit und Schmerz zu lesen. Auf seinem Körper waren Beulen und weiß-roter Ausschlag zu sehen. Dieser Mann hatte Aussatz, eine schlimme Krankheit. Sie war ansteckend und deshalb wohnten Menschen, die an Aussatz erkrankten, außerhalb der Stadt. Allein und ohne einen Verwandten. Wer Aussatz hatte, galt als unrein. Viele Menschen starben auch daran. Und solch ein Mann stand nun plötzlich direkt vor uns. Die Menschen, die uns gefolgt waren, blieben mit großem Abstand stehen und rührten sich nicht vom Fleck. Schließlich wollte keiner diesem Mann zu nahe kommen und sich anstecken.
Der Mann sah zuerst auf die vielen Menschen und dann zu uns. Als er Jesus erkannte, wurden seine Augen ganz groß und die traurige Müdigkeit wich aus seinem Körper. Er eilte humpelnd, so schnell ihn seine Beine trugen, zu Jesus und warf sich vor ihm auf die Knie, den Kopf zur Erde gewandt. Seine Stimme zitterte vor Aufregung und freudiger Erwartung, als er sagte:
„Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“
Alle, Achtung, dieser Mann hatte Respekt, dachte ich. Er warf sich nicht nur vor Jesus nieder, nein, er bat auch Heilung, aber nur, wenn Jesus es wollte. Nicht der Hauch eines Zweifels, dass Jesus ihn nicht heilen könnte, lag in diesen wenigen Worten. Ganz genau schien er zu wissen, dass Jesus ihn rein machen konnte, aber er wollte ich nicht dazu zwingen.
Es war so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Nichts außer dem leichten Säuseln des Windes war zu vernehmen. Alle warteten, was Jesus jetzt wohl tun würde. Ja, was machte Jesus? Ich sah Jesus in Gesicht und erkannte darin den Schmerz und die Traurigkeit des Mannes wieder. Dieser arme, kranke Mann tat ihm leid und ich ahnte schon, dass er ihn reinigen würde. Jesus ging noch einen Schritt auf diesen Mann zu und beugte sich ein Stück zu ihm hinunter. Hey, Jesus, was machst du denn da? Ein Wort reicht doch vollkommen aus, da muss du ihn doch nicht anfassen. Komm diesem Mann nicht zu nahe, er ist doch….zu spät. Mit vor Schreck geweiteten Augen beobachtete ich, dass Jesus die Hand ausstreckte und den Mann sachte berührte. Mit leiser Stimme, aber so, dass es der Mann gut verstehen konnte, sagte er schlicht und einfach:
„Ich will; sei gereinigt.“
Und was soll ich sagen? Noch während Jesus redete, konnte ich zuschauen, wie eine Beule anch der anderen verschwand, bis am Ende ein komplett anderer Mensch vor uns stand. Er war frei, er war rein. Die Augen des Mannes, die vorher noch mit Traurigkeit und Schmerz gefüllt waren, strahlten nun, als er erkannte, was geschehen war. Vorsichtig, ja fast ehrfürchtig tastete er mit seinen Händen seinen Körper ab. Es stimmte, nichts war mehr zu sehen von seinem Ausschlag. Überglücklich hob der Mann seinen Kopf und sah Jesus an, der sich noch einmal an wandte:
„Geh nun zum Priester und lass dich für rein erklären. Bringe auch das Opfer, wie es in den Gesetzen steht. Und noch etwas: Sage niemandem, was hier geschehen ist.“
Der Mann nickte euphorisch und wandte sich dann mit einem dankbaren Blick ab. Er rannte Richtung Tempel, so schnell er konnte. Verständlich. Er war bestimmt schon sehr lange vn seiner Familie getrennt und nichts konnte ihn jetzt mehr davon abhalten, wieder zurück zu kehren. Er war geheilt.
Aber ich sah Jesus verwundert an. Er hatte hier gerade vor den Augen so vieler Menschen ein Wunder getan und dieser Mann sollte nichts davon sagen? Wie stellte er sich denn das vor? Ich konnte mir schon denken, warum er das sagte. Wenn der Mann die Botschaft weiter trug, würde es für Jesus noch schwieriger werden, irgendwohin zu gehen. Ich schaute hinter Jesus und stellte fest, dass die Menschenmenge einen ziemlich großen Abstand zu uns hatte. Also gut, vielleicht hatten die vielen Umstehenden nicht mitbekommen, was hier geschehen war, denn die Entfernung war einfach zu groß. Aber ich zweifelte daran, dass der nun gesunde Mann über dieses Wunder schweigen konnte. Ich könnte es nicht. Jedem, der mir auf meinem Weg begegnen würde, müsste es erfahren, weil mein Herz so glücklich wäre.
Das es diesem Mann nicht anders erging, stellten wir dann später auch fest. Denn nun versammelten sich mehr und mehr Menschen um uns, als sowieso schon. Denn wieder einmal hatte Jesus gezeigt, dass er die Macht über Krankheit und Tod hatte. Und er wollte den Menschen helfen; sie frei machen und rein.